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Antrag
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP

Durch Zusammenarbeit Zivilgesellschaft und Rechtsstaatlichkeit in Russland starken

Deutscher Bundestag Drucksache 17/11327

6 november, 2012

Deutscher Bundestag Drucksache 17/11327
17. Wahlperiode
06. 11. 2012
Antrag
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
Durch Zusammenarbeit Zivilgesellschaft und Rechtsstaatlichkeit in Russland
starken


Der Bundestag wolle beschliessen:


I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Russland ist ein zentraler Partner fur Deutschland und Europa. Als standiges Mitglied des Sicherheitsrates
der Vereinten Nationen, als Mitglied der G8 sowie des Europarates und der Europaischen Menschenrechtskonvention, strategischer Partner Deutschlands und wichtigster Energielieferant Europas
ist Russland von besonderer Bedeutung; regionale und globale Herausforderungen konnen nur mit und
nicht gegen Russland bewaltigt werden. Russland ist unabdingbar fur eine gesamteuropaische Friedensordnung.


Russland hat seinerseits eine Mitwirkungsverpflichtung fur eine gesamteuropaische und
globale Friedensordnung. Mit Russland verbindet uns eine langjahrige Zusammenarbeit in einer gro?en
Breite von Themenfeldern, diese gilt es fur die Zukunft zu erhalten und auszubauen.
Deutschland und Europa haben daher ein starkes Interesse an einem politisch und wirtschaftlich modernen
und rechtsstaatlich verfassten demokratischen Russland, das als grosster Nachbar zu Sicherheit
und Stabilitat in der gemeinsamen Nachbarschaft beitragt und seine internationalen Gestaltungsmoglichkeiten
nutzt. Angesichts der wachsenden internationalen und globalen Herausforderungen sollten
die Europaische Union und Russland enger zusammen arbeiten, um gemeinsame Interessen zu sichern
und gemeinsame Risiken zu bekampfen.


In diesem Sinne wollen Deutschland und die Europaische Union eine umfassende Modernisierungspartnerschaft mit Russland entwickeln. Weit uber eine wirtschaftlich-technologische Zusammenarbeit hinaus setzen sie dabei auf die Forderung von Demokratie, Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit, Zivilgesellschaft, burgerliches Engagement und das Wachsen einer breiten Mittelschicht: Ein solcher umfassender Modernisierungsansatz wurde die Kooperationsmoglichkeiten in allen Feldern der beiderseitigen Beziehungen zum gegenseitigen Vorteil erweitern. Dabei gilt, dass die Demokratie in
Russland nur von den Burgern Russlands selbst geschaffen werden kann.


Fur eine solch umfassende Modernisierungskooperation stellt die deutsch-russische Modernisierungspartnerschaft, die einen besonderen Schwerpunkt im Bereich der Rechtszusammenarbeit setzt, ein gutes Fundament dar, auf dem aufgebaut werden kann. Deutschland unterhalt mit Russland so dichte, intensive und projektbezogene nicht-staatliche Beziehungen wie kein anderes Land der Europaischen
Union. Die Kontakte reichen von Stadtepartnerschaften, Jugendaustausch, Stiftungen, unzahligen
Nichtregierungsorganisationen bis hin zur Zusammenarbeit beim Aufbau von Freiwilligen Feuerweh-
ren. Mehr als alles andere machen diese Kontakte die deutsch-russischen Beziehungen direkt und lebendig.
Auch die deutsche Wirtschaft, die mit mehr als 6.000 Unternehmen in Russland vertreten ist und im
bilateralen Handel Rekordzahlen verzeichnet, hat ein Interesse an einem Russland, das sich weiter in
Richtung rechtstaatlicher und marktwirtschaftlicher Standards entwickelt und sein Zukunftspotential
als Handels- und Wirtschaftspartner ausbaut. Auch Russland hat ein Interesse am Ausbau der wirtschaftlichen
Beziehungen. Investitionen durch kleine und mittlere Unternehmen setzen funktionierende
rechtsstaatliche Strukturen, frei von Korruption und Behordenwillkur, voraus. Es ist deshalb im
gegenseitigen Interesse, derartige Strukturen zu etablieren. Der WTO-Beitritt Russlands 2012 stellt
eine wichtige Wegmarke im Bestreben zu vertiefter Wirtschaftskooperation und Bereitschaft zur Weiterentwicklung gemeinsamer Standards und Verfahren dar.


Russlands Regierung verfolgt eine Reihe ehrgeiziger Projekte, die den Anspruch unterstreichen, das
Land als eine moderne internationale Fuhrungsmacht anerkannt zu sehen. Neben dem APECGipfeltreffen
(2012) wird sich Russland in den nachsten Jahren als Gastgeber der Universiade (2013),
der G-20 (2013) und G-8-Gipfeltreffen (2014), der Olympischen Winterspiele (2014), der Eishockey-
Weltmeisterschaft (2016) sowie der Fussball-Weltmeisterschaft (2018) prasentieren. Daruber hinaus
soll Moskau bis 2015 zu einem internationalen Finanzzentrum ausgebaut werden.


Prasident Putin will Russland zur funftgrossten Wirtschaftsmacht ausbauen. Dieses setzt eine nachhaltige
Entwicklung voraus und den Umbau hin zu einer modernen und leistungsfahigen Volkswirtschaft:
Dazu gehoren Rechtsstaatlichkeit und fairer Wettbewerb als Basis fur jede weitere wirtschaftliche
Entwicklung. Zudem bedarf es eines positiven Investitionsklimas, einer aktiven Zusammenarbeit zwischen
Staat und Gesellschaft sowie der Uberwindung der Rohstoffabhangigkeit. In den ersten sechs
Monaten 2012 sanken die auslandischen Direktinvestitionen um fast 15%. Im Doing Business Index
der Weltbank stand Russland 2011 auf Platz 123 von 183 Landern, im Transparency Index auf Platz
143 hinter Nigeria. Wichtigste Grunde dafur sind mangelnde Rechtssicherheit und die systemische
Korruption. Gleichzeitig halt der Abfluss von wichtigem Privatkapital aus Russland unvermindert an.
Nach aktuellen Schatzungen droht der Nettokapitalabfluss wie im Vorjahr auch 2012 rund 85 Mrd. $
zu erreichen. Zudem droht die Auswanderung qualifizierter Menschen aus Russland anzuhalten. Nach
jungsten Umfragen sind 11% der Russen bereit, ihr Land zu verlassen. Beides Menschen und Kapital
werden dringend fur die Modernisierung gebraucht.


Viele Menschen wollen sich in Russland aktiv fur ihr Land engagieren und die notwendige Modernisierung
in allen Bereichen mitgestalten. Das ist eine grosse Chance fur Russland. Der wachsenden neuen
russischen Mittelschicht kommt bei der technisch-wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Modernisierung
Russlands eine wesentliche Rolle zu. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Ermutigung
freiwilligen Engagements und eine lebendige Burgergesellschaft sich positiv auf die Entwicklung von
Staat und Gesellschaft auswirken.


Allerdings verfolgt die russische Fuhrung derzeit ein anderes Modernisierungskonzept. Politisch aktive
Burger werden von der Staatsmacht oft nicht als Partner wahrgenommen. Der Dialog mit der Zivilgesellschaft,
insbesondere mit der wachsenden neuen russischen Mittelschicht als wichtigstem Partner
des Staates, ware fur die Modernisierung des Landes unverzichtbar.


Mit besonderer Sorge stellt der Bundestag fest, dass in Russland seit dem erneuten Amtsantritt von
Prasident Wladimir Putin gesetzgeberische und juristische Massnahmen ergriffen wurden, die in ihrer
Gesamtheit auf eine wachsende Kontrolle aktiver Burger abzielen, kritisches Engagement zunehmend
kriminalisieren und einen konfrontativen Kurs gegenuber Regierungskritikern bedeuten. Das steht im
deutlichen Widerspruch zu den im Wahlkampf von Prasident Putin gegebenen Versprechen einer starkeren
Zusammenarbeit mit der Gesellschaft und einer Abkehr von repressiven Tendenzen im System
der gesellschaftlichen Interessenwahrnehmung in Russland.


Im Einzelnen handelt es sich um folgende Massnahmen und Vorhaben:
Verscharfung des Demonstrationsgesetzes (Juni 2012). Neben einer erheblichen Erhohung der
Geldstrafen fur Verstosse wurde auch die Versammlungsfreiheit selbst eingeschrankt, indem
die Genehmigungspflicht fur Kundgebungen strenger reguliert und die Haftung von Organisatoren
fur Verstosse einzelner Teilnehmer ausgeweitet wurde.
Verscharfung des NGO-Gesetzes (Juli 2012). Danach mussen sich auslandsfinanzierte Nichtregierungsorganisationen
(NGOs), die politisch oder meinungsbildend tatig sind, als auslandische
Agenten deklarieren und in ein spezielles Register eintragen lassen. Zudem unterliegen
sie verscharften Buchprufungspflichten. Das Gesetz soll nach einer 120-tagigen Prufzeit
am 20. November 2012 in Kraft treten.
Wiederaufnahme des Strafbestands der Verleumdung ins Strafgesetzbuch. Erst im Dezember
2011 hatte der ehemalige Prasident Medwedew die strafrechtliche Relevanz von Verleumdung
abgeschafft. Mogliche Strafen wurden von maximal 3.000 Rubel (75 Euro) auf bis zu 500.000
Rubel (rund 12.500 Euro) drastisch erhoht.
Einfuhrung einer Schwarzen Liste fur Internetseiten mit Inhalten, die als schadlich fur
Kinder und Jugendliche definiert werden. Noch ist unklar, welche Inhalte von dem Gesetz erfasst
werden. In Verbindung mit dem ebenfalls vage formulierten Extremismusgesetz droht
ein mogliches Instrument zur Beschrankung der Meinungsfreiheit und einer weitgehenden
Zensur im Internet zu entstehen.
Nach einem geplanten Gesetzentwurf soll auch die Arbeit freiwilliger Helfer in Zukunft starker
kontrolliert werden. Danach sollen Freiwillige kunftig Vertrage mit juristischen Personen
vorweisen, die fur sie haften, um ihre Sicherheit zu gewahrleisten.
Nach Vorschlagen der Zentralen Wahlkommission soll auch die Aktivitat unabhangiger
Wahlbeobachter starker kontrolliert werden. Diese sollen kunftig vorab bei Wahllokalen angemeldet
und personlich registriert werden. Bereits bei den Parlamentswahlen vom 04. Dezember
2011 gab es massive Behinderungen von Wahlbeobachtern wie zum Beispiel Golos.
Verabschiedung eines Gesetzes, das den Begriff Hochverrat sehr weit fasst. Danach konnen
russische Burger als Spione und Hochverrater belangt werden, wenn sie im Kontakt mit Nichtregierungsorganisationen,
die auslandische Finanzhilfe erhalten, unwissentlich Informationen
preisgeben, die spater als Staatsgeheimnisse eingestuft werden. Es geht dabei nicht allein um
die Gefahrdung der ausseren Sicherheit Russlands, sondern ganz allgemein um eine Gefahr
fur die Sicherheit Russlands, wodurch auch innenpolitische Tatbestande als Landesverrat
und Spionage ausgelegt werden konnen.
Diese jungsten legislativen Initiativen werden von einer Reihe juristischer Massnahmen begleitet, die
einen wachsenden Druck auf das Engagement aktiver Burger signalisieren:
Die Beendigung der Tatigkeit der amerikanischen Behorde USAID durch die russischen Behorden
ist ein weiteres besorgniserregendes Signal gegenuber der russischen Zivilgesellschaft,
das vor allem dem Geist der zwischengesellschaftlichen Zusammenarbeit widerspricht.
Seit der Kundgebung vor der erneuten Amtseinfuhrung von Prasident Putin am 6. Mai befinden
sich bis heute 15 Personen wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt bzw. Teilnahme an
Massenunruhen in Untersuchungshaft.
Vor diesem Hintergrund kommt der unverhaltnismassig harten Verurteilung der drei Musik-
Aktivistinnen der Punkband Pussy Riot zu einer zweijahrigen Lagerstrafe wegen Rowdytums
aus religiosem Hass eine wichtige Signalwirkung zu. Ein ahnlich drastisches Urteil wurde im
Fall der Oppositionellen Taisia Osipow gefallt.
Anklage ist auch gegen den prominenten Oppositionspolitiker Alexej Nawalny erhoben worden.
Dabei wurde ein 2011 eingestelltes Verfahren wegen Veruntreuung wiedereroffnet. Dem
Duma-Abgeordneten Gennadi Gudkow der Partei Gerechtes Russland, einem aktiven Wortfuhrer
der Oppositionsbewegung, wurde in einem parlamentarischen Schnellverfahren das
Mandat entzogen. Das Abgeordnetenmandat verbietet parallele Geschaftstatigkeit, wogegen er
verstossen haben soll. Seither ist auch sein Parteikollege Ilja Ponomarjow mit einem einmonatigen
Redeverbot in der Duma belegt worden.


Diese Verscharfungen sind vor dem Hintergrund weiterhin bestehenden erheblichen Reformbedarfs im
Justizwesen zu sehen. Dies betrifft vor allem die Machtstellung der Gerichtsvorsitzenden, Korruption
und Missstande im russischen Strafvollzug sowie eine selektive Justiz. Beispielhaft dafur steht die
Tatsache, dass die Umstande des Todes des Anwalts Sergej Magnitzky im November 2009 in der
Moskauer Untersuchungshaft trotz mehrfacher Ankundigungen der russischen Regierung bis heute
ebenso wenig aufgeklart werden konnten wie die Umstande der Haft von Vassili Alexanian, des ehemaligen
stellvertretenden Geschaftsfuhrers des Olkonzerns Yukos. Ebenso verletzten die beiden Prozesse
gegen Michail Chodorkowski und seinen Geschaftspartner Platon Lebedew rechtsstaatliche
Grundsatze.


Die europaische Staatengemeinschaft hat ein gemeinsames Interesse an der Stabilisierung der Situation
im Nordkaukasus. Die Lage der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in dieser Region ist nicht
akzeptabel und bedarf einer starkeren Beachtung wie es die Parlamentarische Versammlung des Europarates
festgestellt hat (Res. 1896 (2012)). Die Region spielt im Hinblick auf die Austragung der
Olympischen Winterspiele 2014 im benachbarten Sotschi eine wichtige Rolle. Trotz erheblicher Aufbauleistungen in Tschetschenien, massiver finanzieller Zahlungen aus dem foderalen Haushalt und
anhaltender Operationen gegen Aufstandische bleibt die Sicherheitslage in der Region angespannt.
Gewaltsame Konflikte greifen uber Tschetschenien vor allem auf die Nachbarrepublik Dagestan, aber
auch auf Inguschetien, Nordossetien und Kabardino-Balkarien uber. Besorgniserregend ist vor allem
die fortschreitende Radikalisierung islamischer Gruppen in der Region.


Russland steht vor grossen Herausforderungen im Inneren wie im Ausseren. Der Deutsche Bundestag
befurchtet, dass derartige Entwicklungen auch die Moglichkeiten der gegenseitigen Beziehungen einschranken.


Wir haben das Interesse an einer engen Kooperation mit Russland, nicht an seiner Isolierung.
Die angesprochenen Probleme durfen nicht zu einer wachsenden Entfremdung zwischen Russland
und dem restlichen Europa fuhren.


Der Deutsche Bundestag ist uberzeugt, dass gerade in schwierigen Zeiten eine enge und konstruktive
Zusammenarbeit auf allen Ebenen erforderlich ist.


Der Deutsche Bundestag spricht sich deshalb fur den Ausbau der Zusammenarbeit mit Russland zur
Starkung von Rechtsstaatlichkeit, transparenten Institutionen und effizienten Verwaltungen sowie zum
Abbau von Korruption aus. In diesem Dialog konnen und durfen kritische Aspekte nicht ausgespart
werden. Gerade weil Russland und Deutschland Partner sind, muss ein offenes Wort erlaubt sein.
Russland hat sich mit dem Beitritt zum Europarat freiwillig und selbstandig zur Einhaltung bestimmter
Standards bezuglich Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit verpflichtet und diese in
die eigene Rechtordnung ubernommen, an denen es sich messen lassen muss. Die enge Kooperation
zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren ist dabei ein wesentlicher Teil dieses Dialogs, ihre Arbeit
darf nicht diskriminiert oder behindert werden.


Der Deutsche Bundestag setzt sich zudem nachdrucklich dafur ein, die Vertiefung und Weiterentwicklung
der zwischengesellschaftlichen Zusammenarbeit auf deutsch-russischer wie auch auf EURussland-
Ebene zu einem neuen Schwerpunkt zu machen, um die Zusammenarbeit mit Russland auf
ein breiteres gesellschaftliches Fundament zu stellen.


Der Deutsche Bundestag ermutigt weiterhin die in der deutsch-russischen zwischengesellschaftlichen
Zusammenarbeit tatigen Stadtepartnerschaften, Nichtregierungsorganisationen, Stiftungen und Trager
des bilateralen Jugendaustausches, die Beziehungen zu ihren russischen Partnern zu intensivieren.
Der Deutsche Bundestag geht davon aus, dass die deutschen politischen Stiftungen auch unter politisch
schwierigen Rahmenbedingungen weiterhin an ihrem Auftrag arbeiten, diese Lander bei der
Entwicklung von Demokratie, Meinungsfreiheit und Parteienvielfalt zu unterstutzen. Die politischen
Stiftungen erhalten hierfur die uneingeschrankte Unterstutzung von Bundesregierung und Deutschem
Bundestag.


Der Deutsche Bundestag will gemeinsam mit der deutschen Wirtschaft darauf hinweisen, dass durch
Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Transparenz sehr viel bessere Investitionsbedingungen erreicht
Deutscher Bundestag - 5 - 17. Wahlperiode werden. Deutsche Unternehmen fordern die russische Zivilgesellschaft vor allem durch die Schaffung qualifizierter und gut bezahlter Arbeits- und Ausbildungsplatze. Wie auch in Deutschland sollten deutsche Unternehmen auch in Russland gemeinnutziges Engagement von Burgern vor Ort unterstutzen.


II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. sich in den bilateralen Kontakten einschliesslich der deutsch-russischen Regierungskonsultationen
dafur einzusetzen, die Partnerschaft mit Russland im Sinne einer umfassenden gesamtgesellschaftlichen
Modernisierungspartnerschaft, einschliesslich einer Entwicklung zu mehr Demokratie
und Rechtsstaatlichkeit, weiterzuentwickeln, zu vertiefen und auszubauen und dafur
mit den russischen Partnern den Dialog uber die unterschiedlichen Modernisierungskonzepte
zu intensivieren;
2. im bilateralen und im Rahmen des Europarates weiterhin darauf zu drangen, dass Russland
seine eingegangenen Verpflichtungen aus der Europaischen Menschenrechtskonvention und
dem Internationalen Pakt fur burgerliche und soziale Rechte einhalt;
3. ihre Besorgnis uber die jungsten innenpolitischen Entwicklungen in Russland zum Ausdruck
zu bringen;
4. in ihren Kontakten und Absprachen mit Russland die zivilgesellschaftliche Entwicklung Russlands
verstarkt zu thematisieren und die konsequente Einbeziehung gesellschaftlicher und
nicht-staatlicher Akteure in gemeinsame Projekte zu fordern;
5. ihrerseits die Zusammenarbeit mit Russland auf ein breiteres gesellschaftliches Fundament zu
stellen und Kontakte zu den liberalen und oppositionellen Eliten zu verstarken und dabei
6. die Forderung der in Russland immer mehr an Bedeutung gewinnenden Mittelschicht besonders
zu berucksichtigen und sich dafur einzusetzen, dass einzelne Nichtregierungsorganisationen
und Akteure der zwischengesellschaftlichen Zusammenarbeit nicht diffamiert und ausgrenzt
werden;
7. sich mit noch mehr Nachdruck dafur einzusetzen, dass die neue russische Fuhrung den
deutsch-russischen Schuler- und Jugendaustausch endlich ahnlich intensiv wie die Bundesregierung
fordert;
8. sich dafur einzusetzen, den Schuler- und Studienaustausch untereinander zu verstarken, um
jungen Menschen die Moglichkeit zu eroffnen, das jeweils andere Land zu entdecken und
neue Werte zu ergrunden;
9. sich dafur einzusetzen, Deutsch als Fremdsprache starker zu fordern;
10. darauf zu drangen, dass Vertreter der politischen Opposition ihre Aktivitaten frei entfalten und
zur Entwicklung eines modernen reprasentativen Parteiensystems in Russland beitragen konnen;
11. sich im Fall des unverhaltnismassig harten Urteils gegen die Mitglieder der Punkgruppe Pussy
Riot und gegen die Oppositionelle Taisia Osipow und im allgemeinen Umgang mit zivilgesellschaftlichen
Akteuren weiter fur die Einhaltung der europaischen Werte von Rechtsstaatlichkeit,
Menschenrechten und Demokratie einzusetzen und
12. darauf zu drangen, dass die russischen Justizbehorden umfassende und transparente Ermittlungen
zum Tode von Sergej Magnitzky vorantreiben, rasch konkrete Schlussfolgerungen vorlegen
und alle erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft
zu ziehen;
13. darauf zu drangen, dass die russischen Justizbehorden ein umfassendes und transparentes Ermittlungsverfahren
zu den Umstanden der Haft von Vassili Alexanian einleiten, insbesondere
bezuglich der medizinischen Versorgung und seiner wahrend des Gefangnisaufenthaltes ausgebrochenen
schwerwiegenden Erkrankungen, und die Verantwortlichen zur Rechenschaft
ziehen;
14. sich dafur einzusetzen, dass die Plattform des Petersburger Dialogs nach seiner Zielsetzung als
offenes Diskussionsforum fur die Verstandigung zwischen den Zivilgesellschaften beider
Lander genutzt wird. Das Forum soll eine nicht gelenkte Diskussionskultur fordern, bei der
ein gemeinsames Bekenntnis zur Vertiefung der zwischengesellschaftlichen Zusammenarbeit
zum Ausdruck kommt sowie verbindliche Absprachen angestrebt werden;
15. angesichts der komplexen Entwicklung in Russland und im post-sowjetischen Raum dem Abbau
wissenschaftlich-analytischer Expertise in Deutschland entgegenzuwirken und die Osteuropa-
Kapazitaten an wissenschaftlichen Einrichtungen gezielt zu fordern und auszubauen;
16. sich im Rahmen der Europaischen Union verstarkt fur die Ausarbeitung einer koharenten
Russland-Strategie der EU einzusetzen. Dafur sollten insbesondere Polen und Deutschland
moglichst gemeinsam mit Frankreich initiativ werden;
17. sich im Rahmen der Europaischen Union fur eine Starkung der zivilgesellschaftlichen Zusammenarbeit
mit Russland einzusetzen, u.a. durch eine angemessene politische Flankierung
des EU-Russia Civil Society Forums (CSF).


Berlin, den 6. November 2012
Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und Fraktion
Rainer Bruderle und Fraktion

6 november, 2012

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